Siegelring eines Schusters
So ganz genau werden wir wohl nie wissen, was es mit diesem Schmuckstück auf sich hat. Seine Fundgeschichte erinnert ein wenig an den berühmten einen Ring aus Tolkienscher Feder. Entdeckt wurde er nämlich von Museumsmitarbeiter Peter Tietjens im Wasser – zwar nicht in den Totensümpfen von Mittelerde, aber doch immerhin in einem Altarm der Trave.
Es handelt sich, zumindest das ist unschwer erkennbar, offenbar um einen Siegelring. Genutzt wurde er sicher wie andere Exemplare seiner Art zum Unterzeichnen von Verträgen und Verschließen von Briefen. Doch zu welcher Zeit und von wem?
Einen ersten Hinweis liefert der Stulpenstiefel, der – überhimmelt von einer Krone – im Zentrum des Petschafts steht. Die Darstellung lässt zum einen vermuten, dass es sich um den Siegelring eines Schusters handelt. Zum anderen legt sie auch nahe, dass das Siegel auf die Zeit des 17. Jahrhunderts zurückgeht: Stulpen waren insbesondere zu Zeiten des Dreißigjährigen Krieges eine verbreitete Modeerscheinung.
Und dann sind da natürlich die beiden Initialen „I“ und „K“ links und rechts des Schuhwerks. Lässt sich dadurch vielleicht sogar der einstige Eigentümer des Rings ermitteln?
Mit letzter Sicherheit leider nicht. Aber immerhin: Ein Blick in das Bürgerbuch der Stadt Oldesloe verrät, dass im Jahr 1769 einen Schuster namens Jacob Klietz in der Stadt gegeben hat, der mit Frau, Sohn und Tochter in der Gegend des Lübecker Tors lebte. Mit ihm haben wir also zumindest einen ziemlich guten Kandidaten.
Das Schusterhandwerk hatte in Oldesloe über Jahrhunderte hinweg eine herausragende Bedeutung. Gemäß Volkszählung gab es in der Stadt im August 1769 insgesamt 63 Schuster, die ihrerseits noch einmal 22 Gesellen und 24 Lehrjungen beschäftigten. Zählt man Ehefrauen, Söhne, Töchter und Dienstmägde hinzu, kommt man auf stolze 321 Personen, die Mitte des 18. Jahrhunderts mehr oder weniger unmittelbar von der Schuhmacherei lebten – ein Anteil von mehr als 20 Prozent der Gesamtbevölkerung! Übrig geblieben ist davon heute nicht mehr ein einziger Betrieb. Der letzte seiner Art, in der Bahnhofstraße, schloss vor wenigen Jahren. ma